Bewegungssystem

Die Fuß-Schule München? Was ist das eigentlich?

Dieses Interview wurde von Katharina Wessel (ehemals Outdoorschuhe München) mit mir geführt und es gibt einen guten Einblick in unsere Arbeit.

Die Fuß-Schule München wurde 2007 gegründet. Seit 2008 mit festen Räumlichkeiten in der Tegernseer Landstr. 37a. Wie bist Du auf diese Idee gekommen? Mit welchen Beschwerden kommen denn Eure Kunden zu Euch?
Die größte regelmäßig wiederkehrende Belastung des Körpers ist, durch den bei der Landung des Fußes auf dem Boden auftretende Stoß, das Gehen (beim Bergab gehen bis zu einer Tonne). Deshalb versuche ich seit 1995 mit meinen Patienten neben Lockerung, Dehnung und Kräftigung auch an der Qualität des Gehens zu arbeiten. Die körperliche Veränderung soll in den Alltag integriert werden. Jeder Schritt, jede Bewegung kann durch Achtsamkeit die Übung sein. Sehr bald kamen deshalb immer mehr Patienten mit Beschwerden an den Füßen. An den Füßen zeigt sich am deutlichsten wenn etwas „schief“ läuft. Der Fuß verformt sich bei einer Instabilität und kann dann seine Funktion immer schlechter erfüllen. Aber auch alle anderen Probleme am Bewegungssystem haben mit der Art und Weise des Gehens und unserer gesamten Körperkoordination zu tun. Ich habe durch die Gründung der Fuß-Schule München das Lernen des Patienten in den Vordergrund gestellt. Hilfe zur Selbsthilfe ist das Ziel.  Der Patient erlernt durch Wahrnehmung und Bewusstheit seine Bewegungsmuster zu verändern und bekommt kleine Tricks und Tipps zur Eigenbehandlung. Ich habe deshalb Räume angemietet in denen ich mit meinen Patienten gehen kann und nicht nur an einer Behandlungsbank arbeite.

Bei unseren Beratungen zu einem neuen Bergschuh haben wir häufig Kunden mit einem Hallux valgus. Kann diesen Kunden mit dem Training in Eurer Fuß-Schule geholfen werden?
Das Team der Fuß-Schule München hat sich besonders auf Patienten mit einem Hallux valgus spezialisiert. Viele Tipps und Tricks warten auf unsere Patienten. Ich habe zu diesem Thema auch zwei Bücher geschrieben „Hallux valgus – die besten Übungen zur Selbsthilfe“ und „Was tun bei schmerzenden Füßen – Tipps und Tricks der Fuß-Schule“. Patienten mit einem Hallux valgus können durch das Erlernen einer besseren Koordination des Beckens über den Füßen schmerzfrei werden oder bleiben. Durch fleißiges Training mit gezielten Übungen für den Fuß mit seinem Gewölbeaufbau ist es möglich den Hallux valgus auch ohne Operation in den Griff zu bekommen.

Ihr schult Eure Patienten für das elastische Taping. Kann jemand mit einem Hallux valgus vom Taping profitieren?
Durch die Anwendung von elastischen Klebebändern (Kinesio-Tape) ist es möglich eine Verbesserung der Stellung der Großzehe zu erreichen. Dies ist besonders in den Momenten wichtig bei denen ich mich nicht auf meinen Fuß konzentrieren kann. Deshalb erlernen unsere Patienten das Taping.
Ist das elastische Tapen auf einer Tour hilfreich? Könnten damit brennende Fußsohlen im Ballenbereich verhindert werden?
Bei einer Spreizung des Vorfußballens wird er gerade bei einer Bergtour schnell schmerzen. Durch ein Tape kann ich die Spannung des Quergewölbes verbessern und dadurch länger schmerzfrei bleiben oder auch nach einer Tour bei Schmerzen im Vorfußballen schneller  eine Verbesserung erreichen. Ich empfehle bei einer Tour aber auch immer kaltes Wasser oder Schnee. Durch die starke Belastung des Gehens wird der Fuß wärmer und deshalb fängt er an zu schmerzen. Pause wird deshalb immer an einem Bach eingelegt oder an Stellen mit Schnee. Schuhe und Socken ausziehen, kurz kühlen, Socken und Schuhe wieder anziehen. Das Tape darf dabei feucht werden.

Eine häufig auftretende Beschwerde unserer Kunden sind Knieschmerzen. Kann hier auch die Fuß-Schule München helfen?
Die Koordination der Beinachse mit dem Knie als Mittelpunkt und Hauptstoßdämpfer beim Gehen ist ein entscheidender Schritt für gesunde Füße und für gesunde Beingelenke, wie Sprung-, Knie- und Hüftgelenk. Oft zeigt das Knie bei Belastung nicht geradeaus. Es ist aber in seinen größten Anteilen ein Scharniergelenk. Ein Scharnier das nicht stimmig ausgerichtet ist und in Bewegungsrichtung zeigt, wird einen vorzeitigen Verschleiß erleiden. Durch die Verbesserung der Bewegungskoordination beim Gehen, durch gezielte Lockerung und Stoffwechselsteigerung der Weichteile – Muskulatur und Bindegewebe – mittels Igelballmassage oder Faszienrollen und gezielter Dehnung und Kräftigung ist auch eine Arthrose im Kniegelenk in den Griff zu bekommen.

Wir hören von unseren Kunden, dass diese ab ungefähr dem 40. Lebensjahr eine Veränderung ihrer Füße, teilweise auch des ganzen Körpers feststellen. Gibt es hierfür eine Erklärung?
Das lebenslange Einwirken der Schwerkraft und der starken Brems- und Beschleunigungskräfte bei jeder Bewegung, führen im menschlichen Körper, der einem Flüssigkeitsanteil von ungefähr 70 Prozent besitzt, bei einer schlechten Koordination zu starken Veränderung. Besonders am Fuß wird dies ab 40 deutlich, da der Fuß den größten formenden Kräften ausgesetzt ist. Er geht als einziger Körperteil bei der Aufrichtung des Menschen Kontakt mit dem Boden ein. In den Füßen entsteht ein Abdruck der Bewegungen des Körpers. Dabei ist es von besonderer Bedeutung den Fuß mit seinem Gewölbeaufbau gleichmäßig zu belasten. Man kann sich ein Gewölbe wie ein Zirkuszelt vorstellen. Die Grundfläche des Zeltes ist auf dem Boden ausgebreitet größer, als in aufgestellten Zustand. Das Gewölbe sinkt bei einer ungünstigen Körperkoordination ab, der Fuß knickt, sinkt und spreizt sich – er wird größer. Die Aktivität der Fußmuskulatur kann nur erhalten bleiben, wenn die Befestigung der Muskeln an den Knochen die Muskeln nicht in einen gedehnten Zustand versetzen, wie es z. Bsp. bei einem Spreizfuß der Fall ist. Deshalb ist es wichtig eine Art Gebrauchsanweisung für den eigenen Körper zu bekommen und sich ein Leben lang durch Achtsamkeit für eine langerhaltene Gesundheit einzusetzen.

Thomas, ich bedanke mich für das interessante Gespräch.