Erste Schritte

Wie geht’s?

Vor 55 Jahren stellte sich eine der erstaunlichsten Fragen meines Lebens: Wie geht’s?
An das erste Mal kann ich mich nicht erinnern. Ich muss ein Jahr nach meiner Geburt auf wackligen O-Beinen gestanden haben. War es schwer genug auf meinen kleinen Füße zu stehen, stellte sich beim Gedanken an einen Schritt ein weitaus schwierigeres Problem: Der Schwerpunkt meines Körpers befindet sich in der Mitte zwischen beiden Füßen. Ich musste beim Anheben eines Fußes aus dem Gleichgewicht kommen. Es stand kein Fuß direkt unter der Mitte meines Körperlots. Dennoch wagte ich den ersten Schritt. Am Anfang balancierte ich meinen Körper schnell über den stehenden Fuß nach außen. Ich geriet dadurch ins Wanken und oft musste ich mich wieder auf meine vier Buchstaben setzen. Nach und nach erlernte ich das Gehen in den ersten drei Jahren. Aber wie geht’s?

Gehen Sie los!

Ich gebe Ihnen ein paar kleine Tipps für das bewusste Gehen. Der Rhythmus und Ihre Achtsamkeit stehen am Anfang. Beine und Arme schwingen über Kreuz pendelnd vor und zurück. Entspannen Sie dazu Ihre Arme, Schultern und Beine.
Beobachten Sie jetzt den Schwung Ihres Beckens. Es dreht sich rechts und links alternierend vor und zurück und wandelt wie ein Pendel die Energie des bremsenden Fußes in Schwung für das nach vorne schwingende Bein. Wenn die Ferse des vorderen Beines den Boden berührt, sollte die gleiche Beckenseite nach vorne und innen gedreht sein. Sobald Ihre landende Ferse Kontakt zum Boden aufnimmt, beginnt Ihr Becken sich auf der gleichen Seite nach hinten außen und unten zu drehen. Dadurch wird die andere Beckenseite nach oben vorne und innen bewegt. Ihr Schwungbein wird durch die Vorwärtsdrehung des Beckens wie von selbst nach vorne oben schwingen. Ihr Gang wird leicht und Sie sparen Kraft und Energie. Pendelt Ihr Becken, wie es oft bei Frauen der Fall ist, nur ein wenig zur Seite, verlieren Sie Schwung und Ihre Füße werden instabil hin und her kippen. Ist Ihr Becken unbewegt, fest und angespannt wird der Oberkörper bei jedem Schritt ein klein wenig hin und her wanken. Diese Gangbild ist oft bei Männern zu sehen.

Konzentrieren Sie sich jetzt auf Ihre Füße

Sie sind der Spiegel der Bewegungen Ihres Körpers. Sie sind nicht nur kitzelig, sie sind das wichtigste Bewusstseinsorgan für die Beobachtung der Druckverteilung und damit Ihrer Balance beim Gehen. Achten Sie auf den kurzen Augenblick bevor Ihr hinterer Fuß mit der Ferse den Boden verlässt. Ihr hinterer Fuß steht jetzt am weitesten außerhalb des Körperlots. Der vordere Fuß befindet sich kurz vor der Landung. Jetzt sollte neben der großen Zehe auch der Außenrand Ihres Fußes mit Ferse und kleiner Zehe belastet sein. Kippt und dreht Ihre Ferse nach innen, sollte Ihre kleine Zehe in diesem kurzen Moment nicht belastet sein, hat sich der Schwerpunkt Ihres Beckens oder des ganzen Körpers ungünstig zur Seite verlagert.

Probieren Sie es aus und lassen Sie sich Zeit

Bewusstheit ist ein lebenslanger Lernprozess. Gelassenheit und Ausdauer sind Ihre besten Verbündeten. Die zeitliche und räumliche Koordination Ihres Körpers erfordert viel Gefühl. Bedenken Sie aber eines: Ihr Körper verändert sich in Ihrem Leben. Durch Bewusstheit für Ihren Gang, gewinnen Sie Einfluss auf den Moment der größten regelmäßigen Belastung: Einen Schritt!

Herzlich, Ihr Thomas Rogall